Der Einfluss guter Geschwisterbeziehungen ist größer als der einer guten Elternschaft – feindselige Verhältnisse hingegen sind umso schädlicher
„In unserer Studie waren die meisten Beziehungen für Jungen nicht so wichtig wie für Mädchen”, berichtet Laura Padilla Walker von der Brigham Young University, “doch die Geschwister-Beziehung war anders. Jungen schienen die Zuneigung ihrer Geschwister genauso sehr zu brauchen wie Mädchen”. Gemeinsam mit dem Sozialforscher James Harper hatte die Entwicklungspsychologin Langzeitdaten von 308 Geschwisterpaaren im Teenageralter analysiert. Sie stammen aus der Langzeitstudie „Flourishing Families Project“, die ab 2007 in acht Abschnitten Fragebögen, Videos und andere Daten von rund 700 zufällig ausgewählten Familien erhoben hatte.
„Wir können jetzt sagen, dass Geschwister einmalig wichtig sind“, berichtet Walker. Erstmals wurde hier die Bedeutung von Beziehungen zu Brüdern und Schwester auch mit allen wichtigen Verbindungen verglichen, etwa mit besten Freunden, Klassenkameraden und anderen Familienmitgliedern. „Geschwister zu haben, auf die man zählen kann, scheint besonders das prosoziale Verhalten zu beeinflussen“, ergänzt Harper, also das Mitgefühl und selbstloses Verhalten: „Beste Freunde leisten ihren Beitrag, aber Geschwister sind immer noch wichtig“.
Das gilt allerdings auch im Negativen: Eine schwelende oder offene Feindschaft unter Geschwistern äußerte sich bei Teenagern häufiger in Depressionen – und bei Jungen vor allem in stärkeren Verhaltensproblemen. An dieser Stelle könnten Eltern und Therapeuten also frühzeitig ansetzen: Streitereien nur zu beenden oder zu verhindern sei nicht ausreichend, so Walker, denn „die Abwesenheit von Konflikt bedeutet nicht die Anwesenheit von Zuneigung. Es ist okay, wenn Geschwister streiten. Aber helfen Sie ihnen, das zu lösen und andere, positive Interaktionen zu finden“.